Don't push the river - it flows by itself

Martin Geppert • 11. September 2025

Was hat achtsame Führung mit einem Fluss zu tun?

“Don’t push the river – it flows by itself”

Was hat achtsame Führung mit einem Fluss zu tun?

In der Führung stehen wir oft unter Druck: Ergebnisse müssen geliefert, Projekte abgeschlossen, Konflikte gelöst werden. Das Bild des Flusses erinnert uns daran, dass vieles nicht durch Druck, sondern durch Vertrauen, Geduld und eine klare Ausrichtung wächst.


Führung als Fluss verstehen

Eine achtsame Führungskraft versteht, dass Entwicklung ein natürlicher Prozess ist. Menschen brauchen Zeit, um zu lernen, zu reifen und Verantwortung zu übernehmen. So wie ein Fluss unaufhaltsam seinem Weg folgt, bewegen sich auch Teams und Organisationen in ihrer eigenen Dynamik.


 Beispiel:
Ein Teammitglied übernimmt zum ersten Mal Projektverantwortung. Anstatt jede Entscheidung vorzugeben, lässt die Führungskraft Raum für eigene Erfahrungen – auch für Fehler. Das stärkt Eigenverantwortung und Vertrauen.


Was es bedeutet, den Fluss nicht anschieben zu wollen?

  • Geduld üben: Ergebnisse entstehen oft nicht sofort.
  • Vertrauen schenken: Menschen entfalten ihr Potenzial, wenn sie spüren, dass ihnen etwas zugetraut wird.
  • Präsenz zeigen: Führung heißt begleiten, nicht antreiben,


Beispiel:
In einer Veränderungsphase will die Führungskraft, dass das Team die neuen Prozesse „schnell verinnerlicht“. Statt Druck aufzubauen, bietet sie Reflexionsrunden an, in denen Mitarbeitende ihre Fragen und Widerstände einbringen können. Das kostet Zeit – aber erhöht am Ende die Akzeptanz.


Die Grenzen von „Don’t push the river“

So inspirierend das Bild vom Fluss ist, es birgt auch Fallstricke:

  • Passivität: Wer „alles fließen lässt“, läuft Gefahr, notwendige Entscheidungen aufzuschieben.
  • Unklare Verantwortung: Teams brauchen Orientierung – sonst wird Gelassenheit schnell zu Beliebigkeit.
  • Überforderung des Teams: Zu viel Eigenverantwortung ohne Begleitung kann demotivieren.


Beispiel:
Ein Projekt läuft aus dem Ruder, weil die Führungskraft dachte: „Das wird sich schon einpendeln.“ Stattdessen steigen die Kosten, und das Team fühlt sich allein gelassen. Hier wäre ein aktives Eingreifen notwendig gewesen.



Achtsame Führung ist Balance

Achtsame Führung bedeutet nicht, einfach alles treiben zu lassen. Es geht darum, den Fluss wahrzunehmen: Wann braucht es Ruhe, Geduld und Vertrauen – und wann braucht es Führung, Klarheit und Eingreifen?

“Don’t push the river – it flows by itself” ist keine Einladung zur Untätigkeit, sondern ein Appell, die natürliche Dynamik von Menschen und Prozessen zu respektieren – und als Führungskraft mit Achtsamkeit zu gestalten.

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Mindful Leadership: Was Führungskräfte von oder durch Achtsamkeit lernen können – jenseits von Stressreduktion Wenn wir von Achtsamkeit sprechen, denken viele sofort an Entspannung, Stressabbau oder Meditation. Das ist nachvollziehbar, denn Achtsamkeitspraxis wirkt nachweislich regulierend auf unser Nervensystem und kann Stress spürbar reduzieren. Doch Achtsamkeit ist weit mehr als eine Technik zur Entspannung. Sie ist eine innere Haltung, die den Führungsstil und die Qualität von Entscheidungen nachhaltig verändert. Wer Achtsamkeit übt, entwickelt nicht nur mehr Ruhe, sondern auch mehr Klarheit, Präsenz und Selbstführung – Kompetenzen, die gerade in der heutigen Arbeitswelt unverzichtbar sind. Achtsamkeit als Trainingsfeld für Führung Im Kern bedeutet Achtsamkeit, den gegenwärtigen Moment bewusst wahrzunehmen – ohne ihn sofort zu bewerten oder verändern zu wollen. Diese scheinbar einfache Praxis ist in Wahrheit ein Trainingsfeld für tiefgreifende Fähigkeiten: Präsenz Mit voller Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt sein, statt ständig gedanklich schon bei der nächsten Aufgabe oder im inneren Widerstand gegen das, was gerade geschieht. Klarheit Eigene Gedankenmuster und Emotionen erkennen, ohne sich automatisch von ihnen steuern zu lassen. Das eröffnet Handlungsspielräume. Selbstführung Nicht reflexhaft reagieren, sondern bewusst innehalten, durchatmen und aus einem ruhigen, zentrierten Zustand heraus agieren. Diese Qualitäten sind nicht nur persönliche Ressourcen, sondern echte Führungskompetenzen. TRainieren können wir diese Fähigkkeiten z.B. duch Meditation. Warum das für Führung heute so wichtig ist Führungskräfte bewegen sich in einer Welt, die komplexer, schneller und unsicherer ist als je zuvor. Fachliche Expertise allein reicht hier nicht mehr aus. Es braucht die Fähigkeit, auch unter Druck innere Stabilität zu bewahren, sich selbst gut zu steuern und Beziehungen bewusst zu gestalten. Achtsamkeit unterstützt dabei auf mehreren Ebenen: In herausfordernden Gesprächen präsent bleiben : zuhören, ohne sofort in Verteidigung oder Rechtfertigung zu gehen. Innere Ruhe im hektischen Alltag bewahren : auch wenn äußere Faktoren Druck erzeugen. Empathie und Offenheit entwickeln : wer sich selbst achtsam begegnet, begegnet auch anderen mit mehr Klarheit und Respekt. Ein praktisches Beispiel: MBSR als 8-Wochen Training Ein bekanntes Trainingsprogramm, das diese Haltung vermittelt, ist MBSR – Mindfulness-Based Stress Reduction, entwickelt von Jon Kabat-Zinn. Ursprünglich zur Stressbewältigung gedacht, zeigt sich in der Praxis, dass es weit darüber hinausgeht: Führungskräfte berichten, dass sie nach einem Atemzug innehalten können, bevor sie auf Kritik reagieren. Teams erleben ihre Führung als klarer und authentischer, wenn diese im Gespräch wirklich präsent ist. Entscheidungen gewinnen an Qualität, weil sie nicht nur aus dem Reflex, sondern aus Bewusstheit getroffen werden. MBSR ist damit ein Beispiel, wie strukturierte Achtsamkeitspraxis helfen kann, innere Haltung und Führungsverhalten nachhaltig zu verändern. Achtsamkeit als Haltung, nicht nur als Methode Oft wird Achtsamkeit als Technik verstanden – eine Sammlung von Übungen, die man „macht“. Doch die tiefere Wirkung entfaltet sich, wenn sie zu einer Haltung wird. Diese Haltung drückt sich in Qualitäten aus wie: Nicht-Urteilen: Dinge zunächst wahrnehmen, bevor wir sie bewerten. Geduld: Prozesse sich entfalten lassen, statt sie zu erzwingen. Anfängergeist: neugierig und offen bleiben, auch wenn man glaubt, schon alles zu kennen. Vertrauen: auf die eigene innere Weisheit hören, nicht nur auf äußere Fakten. Für Führung bedeutet das: gelassener in Veränderungssituationen bleiben, Entscheidungen mit mehr Bewusstheit treffen und eine Kultur von Vertrauen statt Angst prägen.  Fazit: Mehr als Stressbewältigung Achtsamkeit wird oft mit Stressabbau gleichgesetzt. Doch für Führungskräfte liegt der eigentliche Wert in einer neuen Art der Selbstführung: präsenter, klarer, menschlicher. Stressreduktion ist nur der Anfang. Die eigentliche Wirkung liegt darin, wie Achtsamkeit den Blick auf Menschen, Situationen und Entscheidungen verändert. Führungskräfte, die Achtsamkeit in ihren Alltag integrieren – ob durch Programme wie MBSR oder durch kleine, regelmäßige Pausen der Aufmerksamkeit – gewinnen eine Haltung, die sie selbst und ihre Teams resilienter und wirksamer macht. Vielleicht ist das die größte Stärke von Achtsamkeit: Sie verändert nicht nur, wie wir Stress erleben, sondern eben auch wie wir mit anderen Menschen umgehen, also z.B. wie wir führen.
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